Autos und Großstadt, eher ein Fluch als ein Segen. Chronischer Parkplatzmangel, Staus, Bluthochdruck, Karambolagen. Bei einem so gut ausgebauten ÖPNV wie in Berlin kann man stattdessen gut auf ein Auto verzichten und sich bequem und stressfrei fortbewegen. Trotzdem gibt es Gelegenheiten, wo ein Auto schon praktisch wäre, wie z. B. ein Großeinkauf oder ein längerer Ausflug ins Grüne.
Hier kommt das Car Sharing ins Spiel. Im Gegensatz zum klassischen Mietwagen haben die Angebote vor allem den Vorteil einer einfacheren Pauschalabrechnung. Tankkosten sind inklusive, dafür gibt es eine Gebühr pro gefahrenem Kilometer und pro Zeiteinheit.
Weitere Vorteile des Car Sharings
- spontane Buchung ohne oder mit kurzer Anmeldezeit möglich
- Buchungsvorgang erfolgt mittels einer RFID-Karte direkt am Wagen, ein persönliches Erscheinen beim Autovermieter ist nicht notwendig.
- Kostenüberblick durch Pauschalpreise
- einfache Abrechnung
- keine Sorgen wegen Versicherungen, Wartung, Reparaturen
- Parkgebühren am Abstellort sind teilweise inklusive
- gute Verfügbarkeit, entweder vor Ort oder in einer nahegelegenen Station
- Verfügbarkeit lässt sich per App oder mobiler Webseite spontan überprüfen
- einige One-Way Angebote ermöglichen unterschiedliche Start- und Zielorte
- meist moderner und umweltfreundlicher Fuhrpark, vermehrt auch Elektroautos
- Hippness-Faktor :)
Berlin ist in dieser Hinsicht sehr gut aufgestellt, es gibt eine Vielzahl von Anbietern, damit also auch die Qual der Wahl. Ich habe mir mal die Mühe gemacht und alle seriös scheinenden Angebote in Berlin aufgelistet und verglichen, als da wären:
- car2go (von Daimler, Europcar)
- DriveNow (von BMW, Sixt)
- Flinkster (von der Deutschen Bahn)
- auch mit dem Kooperationsangebot MultiCity (von Citroën)
- Cambio Carsharing
- CiteeCar
- Stadtmobil
Einige Anbieter haben sich auf Berlin beschränkt (MultiCity, CiteeCar), andere agieren bundes- und manche sogar weltweit (car2go, DriveNow).
Ergebnis
Es ist gar nicht so einfach, aus dem Dschungel der Anbieter und Paragrafen schlau zu werden. Auf den ersten Blick kristallisieren sich zwei Typen von Angeboten heraus:
- Die spontanen One-Way Angebote ohne Station mit beliebigen Abstellmöglichkeiten im Geschäftsgebiet
- Die umfangreichen Angebote mit größeren Autos, mehr Auswahl und Rückgabe an der Mietstation oder dem zugewiesenen Stellplatz
Diese Typen unterscheiden sich auch stark im Preismodell. Punkt 1 ist im Vergleich recht teuer, wird pro Minute abgerechnet und ist dementsprechend für eine kurze Mietdauer ausgelegt. Punkt 2 wird pro Stunde abgerechnet und ermöglicht auch mal die (bezahlbare) Miete über ein Wochenende. Teilweise gibt es Möglichkeiten durch einen monatlichen Grundpreis von zwei bis zehn Euro die Fahrtpreise abzumindern. Insgesamt kann man sagen, dass die Angebote der Automobilhersteller am teuersten sind, dafür aber auch den One-Way Komfort bieten. Die anderen Anbieter sind gerade bei kurzen Mietdauern teilweise sehr viel günstiger. Beispiel einer Fahrt von 2 Stunden und 20km: CiteeCar ist Spitzenreiter mit einer Gebühr von 6 €, Flinkster One-Way Starter am teuersten mit 30 €. Car2go ist bei diesem Beispiel mit 16,80 € noch günstiger als der Konkurrent DriveNext mit 22,90 €.
Was beide Angebotstypen gemeinsam haben ist, dass die maximale Mietzeitraum meistens nicht über ein Wochenende hinausgeht. Hier muss man zum klassischen Mietwagen greifen.
Bevor gleich der Link zum Dokument kommt, fasse ich noch mal kurz zusammen, was mir bei den Anbietern aufgefallen ist:
- car2go ist mit 1200 Fahrzeugen in Berlin der größte Mitbewerber. Überall begegnen einem die kleinen blauen Smarts im Straßenverkehr. Das Geschäftsgebiet geht über den S-Bahn Ring hinaus und reicht als einziges bis zu meiner Wohnung. Das typische One-Way Angebot. Weiterer Vorteil: Es gibt eine Windows Phone App.
- Die Minis und 1er BMWs von DriveNow sehe ich auch öfter, diese sind mit einer Stückzahl von knapp 500 weniger gut verteilt. Vorteil: Der Mini hat größere Innenmaße und es besteht die Möglichkeit ein größeres Auto (1er oder X1) zu mieten, wenn verfügbar. Die Preise sind vergleichbar mit denen von car2go, allerdings gibt es keinen pauschalen Tagespreis. Wer also länger als einen Tag unterwegs ist, bezahlt viel.
- Die Deutsche Bahn hat natürlich ein großes Interesse daran die Menschen durch Car Sharing von ihrem eigenen Auto wegzuführen. Dementsprechend sind die Preise recht gut, allerdings kompliziert (verschiedene Tarife je nach Tageszeit und Fahrzeugtyp). Dafür deckt Flinkster im Vergleich zu den Konkurrenten mit Abstand die meisten Städte Deutschlands ab. Vergünstigungen und Angebote für Bahn-Kunden sind natürlich auch mit dabei. Das One-Way Angebot in Berlin in Kooperation mit MultiCity ist vergleichbar mit car2go, mit dem Unterschied, dass hier der Kilometerpreis entfällt. Damit bietet sich MultiCity vor allem für Tagesbuchungen an mit dem günstigsten Preis von 39 Euro inklusive Kilometer.
- Cambio Carsharing bietet verschiedene Tarife, Fahrzeugtypen und Preismodelle, ist dementsprechend recht komplex. Die Preise sind vergleichbar mit Flinkster, bei einer höheren Monatsgebühr etwas günstiger.
- Stadtmobil ist in mehr Städten Deutschlands vertreten als Cambio, vom Preismodell ähnlich. Im Tarif für Vielfahrer wird neben der Monatsgebühr von 5 Euro eine Einlage von 350 Euro fällig, dafür sind die Preise ziemlich ähnlich zum Tarif Cambio Comfort mit 25 Euro Monatsgebühr. 1800 Stadtmobil Autos soll es in Deutschland geben.
- CiteeCar fällt mit seinem Konzept etwas aus der Masse heraus, denn es gibt einerseits keine Stationen, sondern Stellplätze (wohin man das Auto zurückbringen muss) und es gibt nur einen Autotypen (Kia Rio). Die Preise sind sehr einfach gehalten und bei einer Monatsgebühr von 5 Euro in den meisten Fällen am günstigsten. Dafür gibt es »nur« 100 Fahrzeuge in Berlin und bei der Rückgabe muss man sich auf eine Parkplatzsuche einstellen, denn die Stellplätze befinden sich innerhalb eines 200m Radius.
Man sieht, es kommt ganz darauf an, was man mit dem Auto machen möchte. In den car2go Smart passt bei umgelegtem Beifahrersitz schon eine erstaunliche Menge rein, für sperrige Dinge wie Möbel reicht es dann aber doch nicht. Ich persönlich habe mich jetzt erst mal auf einen Mix von mehreren Anbietern eingelassen: car2go für das spontane, CiteeCar für das größere Projekt und Flinkster für Eventualitäten, die ich mit den anderen beiden nicht abdecken kann, z. B. Umzugstransporter.
Hier gehts zum Google Spreadsheet mit den detaillierten Informationen zum Car Sharing.
Darin enthalten sind auch Hinweise zu Hotline-Kosten, Selbstbehalten und Beispielrechnungen. Vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen (auch nicht-Berliner).
Bei car2go gibt es ab dem 1. April 2013 einige Preisänderungen, größtenteils nach oben. Die neuen Preise habe ich im Google Dokument nachgetragen.
Drive-Now hat die Preise ebenfalls leicht nach oben angepasst. Dafür kann man nun Minuten-Pakete im Voraus buchen (der »Spar-Tarif«) mit leicht günstigeren Konditionen.